Der Energiekörper (puryaṣṭaka)Energiekörper - puryaṣṭaka

Energiekörper (puryaṣṭaka) und "subtiler" oder "feinstofflicher" Körper (sūkṣmaśarīra) sind in den alten tantrischen Texten synoym verwendete Begriffe. Der Energiekörper ist nichts mystisches oder esoterisches, nichts, woran man glaubt. Er ist am ehesten das, was wir unter dem Begriff "Psyche" verstehen.

Energiekörper als "die Festung der Acht"

Der Energiekörper geht aus der Singularität des "blauen" Bindu ("Herzbindu") hervor. Puryaṣṭaka bedeutet übersetzt "die Festung der Acht". Damit gemeint sind acht grundlegende Merkmale, die aus tantrischer Sicht unseren psychischen Apparat ausmachen: Manas, Ahaṃkāra, Buddhi und die fünf Tanmātras.

Unter Manas wird das Geistesvermögen vor allem i.S. von Konzentration und Aufmerksamkeit verstanden.

Ahaṃkāra ist der "Ich-Macher", die selbstbezügliche Aktivität der Identifikation, also auch eine sehr grundlegende Funktion der Psyche.

Unter Buddhi verstehen wir den Intellekt, insbesondere in seiner urteilenden und unterscheidenden Funktion. Hier werden auch die Saṃskāras verortet. Saṃskāra bedeutet ein Eindruck vergangener Erfahrungen, genauer gesagt ein Stück ungelöster, unverdauter vergangener Erfahrung. Diese Saṃskāras befinden sich in der Buddhi, und das ist bedeutsam, denn je mehr ungelöste vergangene Erfahrungen wir haben, desto mehr trüben sie die Buddhi und behindern unsere Fähigkeit, genaue, gesunde und weise Entscheidungen zu treffen. Eine Buddhi, die durch Saṃskāras getrübt ist, ist oft sehr wertend und voller Projektionen und Annahmen. Eine kultivierte Buddhi ist relativ klar.

Während z.B. in der Psychotraumatologie diese Saṃskāras durchaus als körperlich gespeicherte Eindrücke angesehen werden, wird In der Yogaphilosophie davon ausgegangen, dass Saṃskāras eigentlich im Energiekörper (dem geistig-emotionalen Körper) existieren, also in der Psyche, die den gesamten physischen Körper durchdringt.

Tanmātras sind die "subtilen Elemente": Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und  Fühlen - "subtil" deshalb, weil sie auch ohne die physiologische Sinnespforte erfahrbar sind. So erfährt der Geist z.B. bei Blindheit oder Taubheit dennoch Bilder oder Klänge. Von besonderer Bedeutung ist dies im Tantra Yoga für die Arbeit mit dem Energiekörper mithilfe von Visualisierung und Mantren (also innerem Sehen und innerem Hören).

Der Energiekörper wird in der tantrischen Philosophie als grundlegender angesehen wird als der physische Körper. Dies bedeutet, dass Fehlstellungen, Blockaden oder Probleme verschiedener Art im Energiekörper den physischen Körper ein wenig stärker beeinflussen als Probleme im physischen Körper den Energiekörper. Es ist bedeutsam zu verstehen, dass dies ein Spektrum ist. Das bedeutet, dass der Geist oder die Psyche der subtilste Teil des Körpers ist und der physische Körper die greifbarste Manifestation des Geistes ist. Es ist buchstäblich ein Spektrum.

Das ist deshalb so bedeutsam, weil in der westlichen Kultur und in der modernen materialistischen Kultur der physische Körper als primär und grundlegend angesehen wird und der Geist als Nebenprodukt oder Epiphänomen des physischen Körpers verstanden wird. In den yogischen und tantrischen Traditionen verstehen wir es genau andersherum - dass der Energiekörper tatsächlich das Grundlegende ist und sich auch als physischer Körper manifestiert. All deine Gedanken und Gefühle sind also Ströme innerhalb des Energiekörpers. Sie sind Bewegungen innerhalb des Energiekörpers sowie sehr feine Formen von Empfindungen, wie inneres Sehen oder inneres Hören (die nicht mit äußeren physischen Objekten korrespondieren). So viele Probleme oder Fehlstellungen er auch haben mag, so viel Gepäck du auch mit dir herumträgst, dieser Energiekörper ist eine wunderschöne, großartige Sache. Er ist komplex. Er ist fein. Er ist nuanciert. Er hat so viele verschiedene Aspekte, und in der tantrischen Tradition stellen wir uns vor, dass er aus Licht besteht, denn Licht ist Energie.

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