Eine wirksame und starke tägliche Praxis schaffen

Sādhanā

Wenn du ernsthaft daran interessiert bist, die Ziele des spirituellen Pfades zu verwirklichen, brauchst du eine wirksame tägliche Praxis.

Eine tägliche Praxis unterstützt die Verwirklichung von Aspekten der wahren Natur der Wirklichkeit. Und, was noch wichtiger ist, die tägliche Praxis unterstützt das Einarbeiten der gewonnenen Erkenntnisse in das Gewebe deines Körpers und deiner Psyche, so dass diese Erkenntnisse tatsächlich auch deine Psyche und dein Erleben verändern.

Am besten ist es, wenn du 24 Minuten pro Tag üben kannst. Das ist in der ursprünglichen indischen Tradition eine einzige Zeiteinheit. Manche Menschen denken, dass mehr Meditation immer besser ist, was nicht wahr ist. Die Tradition der Trika-Schule empfiehlt, zweimal am Tag für jeweils 20 oder 24 Minuten zu sitzen, anstatt stundenlang zu meditieren. Auch erfahrene Meditierende sollten nicht länger als höchstens 48 Min am Stück praktizieren, denn dies fördert die tendenz, sich im Transzendentalen zu verlieren. Dort können wir nicht ankommen.

In einem bestimmten Übungs-Set gehst du immer von mehr Technik zu weniger Technik über. Konzentrationsübungen und Übungen, die viel Technik beinhalten, stehen am Anfang. Die Seitenkanal-Praxis ist zum Beispiel eine Praxis, die eine Technik und viele verschiedene Elemente erfordert, also sollte sie am Anfang des Sets stehen. Die Übungen mit weniger Elementen kommen dann später.

Während es für die allermeisten sehr wichtig ist, körperbezogene, individuelle Übungen zu praktizieren (Ānava-Upāyas), um Konditionierungen aufzulösen und die innere Ausrichtung zu festigen, wird durch diese Reihenfolge dennoch auch der Fokus immer wieder auf das Erkennen und das Gewahrsein deiner Wesensnatur gelegt (Śakta-Upāya, Śambhava-Upāya). Also nochmal:

3 Phasen einer Übungseinheit

1. Mehr Technik: z. B. Prānāyāma, Bindu-Meditation, Hamsa-Meditation
2. Weniger Technik: z. B. Mit dem sein, was ist, Punkt der Stille
3. Keine Technik: Offenes Sitzen (ohne Anstrengung)

Am Ende gibt es 10 Minuten oder wenigstens fünf Minuten, die wir als offenes Sitzen bezeichnen, bei dem es überhaupt keine Technik gibt. Du bist einfach nur da. Schließe deine Praxis immer mit einer Erdung ab. Du willst immer vollständig in deinen physischen Körper zurückkehren. Das machst du zum Beispiel, indem du mit den Händen über den ganzen Körper fährst oder ein paar Dehnungen machst, etwas, das dir dabei hilft, den Körper auf gute Weise zu spüren.

Die Tradition des klassischen Tantra ist und war überwältigend umfangreich und bietet mit ihren vielen Praktiken und Lehren eine überaus reiche und auch unüberschaubar vielfältige Landschaft. Dies bedeutet also auch, dass du bei weitem nicht all diese Praktiken und Lehren lernen müsstest, um das Höchste in und mit dir zu verwirklichen. Ein starkes Plädoyer hierfür findet sich z.B. im Vijñāna Bhairava Tantra, in dem es heißt, dass, wenn du auch nur eine einzige der dort beschriebenen 112 Übungen richtig praktizierst, du das Höchste verwirklicht hast. Du benötigst die anderen Übungen dann nicht mehr. Lass dich also von der Freude und deiner Neugierde leiten an dem, was du tust, und verzettel dich nicht in Techniken.

Die Praktiken sind nichts als Werkzeuge, die dir dabei helfen, deine Wesensnatur zu erkennen, und auch zu erkennen, dass du bereits wirklich bist und frei. Du brauchst nicht erst irgendetwas zu erreichen oder irgendetwas "werden", das ginge auch gar nicht. Vielmehr geht es darum, damit aufzuhören, Dinge zu tun und zu denken, mit denen du dich selbst daran hinderst, zu sehen, was wirklich ist.

Insofern sind Kontemplation (Bhāvanā), stilles Sitzen und Gewahrseinspraxis das Allerwichtigste und für die Praxis unverzichtbar. Die eher technischen Ānava-Praktiken helfen uns, den Energiekörper auszurichten (anstatt uns in unseren Gewohnheiten und Konditionierungen zu verlieren) und gut im Irdischen verankert zu sein.

Ein weiteres bedeutsames Element der spirituellen Praxis ist die Gemeinschaft, und das ist etwas, was viele Menschen auf dieser Reise sehr schätzen, um sich mit anderen auszutauschen, die auf einem ähnlichen Weg sind. Hierfür bieten wir Seminare an. Mögest du erkennen, dass du bereits Teil dieses Feldes bist, dich einbringen und davon profitieren!