Darśana & Bhāvanā - meditative Kontemplation

Darśana

Der Begriff darśana umfasst die Bedeutungen "Anschauungslehre", "Sichtweise", "Philosophie" bhāvanā & darśana: meditative Kontemplation der tantrischen Lehrenin Bezug auf die tantrische Sicht auf die Wirklichkeit. Gemeint ist hiermit vor allem ein "tieferes" Verständnis der Lehren und der tantrischen Sicht (s.auch Startseite), welches im Zuge von bhāvanā alle Aspekte unserer Bewusstheit und unseres Erlebens durchdringt und nicht etwa auf einer Ebene des intellektuellen Verständnisses verharrt.

 

Was verstehen wir unter Bhāvanā?

Das Sanskrit-Wort "bhāvanā" hat eine Reihe von Bedeutungen. Es kann "Meditation", "Sein mit dem, was ist", "Kontemplation" oder "kontemplative Meditation" bedeuten. Hier für uns bedeutet bhāvanā: kontemplative Meditation oder meditative Kontemplation der tantrischen Sicht (darśana).
Während deines Studiums von darśana wirst du dazu eingeladen, bhāvanā zu praktizieren, wobei du dich einfach in die Worte der Anschauungslehre vertiefst.

Bhāvanā bedeutet, dass du den Worten der Sichtweise zuhörst, sie auf dich wirken lässt und nicht versuchst, sie zu verstehen, sondern dich in sie vertiefst - und dann siehst, in deinem Erleben überprüfst, wohin dich das in deiner meditativen Erfahrung führt.

Bhāvanā-Praxis

Unter dieser Rubrik haben wir Audios für dich (als registrierte*r Nutzer*in) bereit gestellt. Beim Anhören dieser Aufnahmen ist es von großer Bedeutung, dass du an einem Ort praktizierst, an dem du dich entspannen und wohlfühlen kannst und etwas langsamer wirst, damit du kontemplieren und den Worten der Lehre mit offenen oder geschlossenen Augen lauschen kannst. Du nimmst die Worte auf, spürst ihre energetische Schwingung und betrachtest dann die Welt mit diesen Worten - natürlich nicht die Worte selbst, sondern das, worauf sie hinweisen - in deiner direkten Erfahrung. 

Nachdem du die Worte auf dich wirken lassen hast, kannst du sehen, wie es ist, mit ihnen zu schauen ("darśana") - die Energie der Lehre zu nutzen, um die Welt zu beobachten und zu sehen, wie sie aussieht. Vielleicht gelangst du sogar auf eine noch tiefere Ebene, über die Energie der Lehren hinaus, zu einer einfachen, offenen Klarheit der Sichtweise, bei der die Worte einfach nur dazu dienen, dir die richtige Richtung zu zeigen.

Du denkst nicht darüber nach, du versuchst nicht, sie zu verstehen - was wir übrigens dennoch auch empfehlen, nur nicht beim Üben von bhāvanā. Tatsächlich ist es für viele Menschen gut, zuerst etwas nachzudenken - darüber nachzudenken, zu versuchen, es intellektuell ein wenig zu begreifen, und dann, nach einer Weile, das alles beiseite zu legen und die bhāvanā zu machen.

Als Anregungen für diese gedankliche Betrachtung und Auseinandersetzung findest du - neben der bhāvanā-Audiodatei - jeweils auch Texte, die sich mit dem entsprechenden Aspekt von darśana befassen.

Viele Menschen verwechseln die Worte der spirituellen Lehren mit dem, worauf sie hinweisen. Mit anderen Worten: Sie denken, es reicht aus, den Worten zu glauben. Das ist es, was es bedeutet, "religiös" zu sein - die Aussagen einer Tradition zu glauben. Aber wir laden hier zu etwas anderem ein. Es geht nicht um Glauben. Es geht nicht darum, das Zeichen mit dem Ziel zu verwechseln, auf das es hinweist. Vielmehr geht es darum, in diese Richtung zu gehen und zu sehen, was du findest, wenn du dich in die Richtung bewegst, in die das Schild zeigt - metaphorisch gesprochen. 

Es kann sein, dass du einfach die Wahrheit erkennst, der sich die Lehre nur annähert oder auf die sie hinweist. Das ist eine noch tiefere Ebene als eine Art energetisches "Sich-Verbinden" mit der Lehre. Es ist völlig frei von Gedanken - es ist reine Klarheit - du siehst einfach, was ist, genauso wie du alles sehen kannst - du kannst grünes Gras oder einen blauen Himmel sehen - du siehst alles als Bewusstsein. Dies ist darśana. Aber in Worte gefasst, klingt es wie ein Gedanke - es ist kein Gedanke, es ist einfach klares Sehen.

Das ist alles, was bhāvanā ist: sich in die Lehre vertiefen, sie tief in sich einsinken lassen, die Welt mit ihr betrachten und dann vielleicht noch tiefer gehen - wobei du einfach die direkte Erfahrung jenes Bewusstseinszustandes machst, der diese Lehre überhaupt erst hervorgebracht hat.

Das ist auch letztlich der Unterschied zwischen Religion und Spiritualität. Wir bitten dich, auf dem spirituellen Weg - insbesondere während der Bhāvanā, und natürlich auch beim gedanklichen Diskurs - nicht einfach diesen Worten und Behauptungen zu glauben, sondern den Zustand, aus dem sie entstanden sind, selbst zu entdecken - selbst zu erfahren, was die Meister dazu veranlasst hat, diese Worte zu verfassen. Das ist für jeden Menschen möglich und wirklich nicht so schwer, wie du vielleicht denkst. Wir nehmen die Zeichen, die Hinweise der Lehren, nur um uns an dem zu orientieren, was bereits in uns existiert - etwas, das wir alle erfahren können. Darauf hatte übrigens - schon lange vor dem aufkommenden Tantrismus - der Buddha hingewiesen, als er sagte: "Glaube nicht, was ich dir sage, was irgendwer sagt oder was irgendwo geschrieben steht. Finde es selbst heraus!"

Das ist unser ultimatives Ziel mit bhāvanā - nicht nur die Lehre zu verinnerlichen und sie unsere Welt in einer nützlichen Weise umgestalten zu lassen, sondern noch tiefer zu gehen und einfach zu sehen, was die ursprünglichen Meisterinnen und Meister sahen, was sie dazu veranlasste, diese Worte überhaupt erst zu verfassen.

Mehr dazu auch unter tantrailluminated.org


Genieße deine bhāvanā-Praxis.